Richard Strauss (1864 – 1949)

Daphne

 

Bukolische Tragödie in einem Aufzug von Joseph Gregor
(1938 Dresden)

Mitschnitt einer Aufführung der Deutschen Oper am Rhein
r. live 20.2.1961 Opernhaus Düsseldorf

Leitung: Arnold Quennet

 

Peneios, Flussgott Deszö Ernster
Gaea, Erdmutter Henny Ekström
Daphne, Tochter des Flussgottes Ingrid Bjoner
Leukippos, ein Hirte Kurt Wehofschitz
Apollo, der Sonnengott Josef Traxel
1. Schäfer Hugh Beresford
2. Schäfer Hans Rietjens
3. Schäfer Camillo Meghor
4. Schäfer Lajos Kendy
1. Magd Ingrid Paller
2. Magd Elisabeth Schwarzenberg

 

Chor & Orchester der Deutschen Oper am Rhein

 


 

Die Handlung

 

Ort und Zeit: Griechenland in mythischer Vorzeit, das Ufer eines Flusses

 

Die Szene:

Steinige Uferlandschaft mit Ölbäumen am Fuße des Olymp.

Das Haus des Fischers Peneios.

 

Abenddämmerung. Die Schäfer kehren mit ihren Herden zum Fluss zurück. Sie rüsten sich für ein Fruchtbarkeitsfest zu Ehren des Gottes Dionysos. Daphne, die noch kindliche Tochter des Flussgottes Peneios, beklagt die heraufdämmernde Nacht: Oh bleib, geliebter Tag… Leukippos, ein junger Hirte, gesteht Daphne ungestüm seine Liebe und stürzt sie damit in Verwirrung. Gaea holt ihre Tochter ins Haus. Trotz ihrer Bitte weigert sich Daphne, am Fest teilzunehmen. Leukippos bittet die Mägde des Hauses um ein Frauengewand. Verkleidet will er in Daphnes Nähe bleiben.

 

Peneios versammelt die Hirten zum Fest um sich. Der Olymp erstrahlt im Abendlicht. Der Gott Apollo hat seinen Sonnenwagen angehalten, als er Daphne auf der Erde erblickte. Nun erscheint er in Gestalt eines Rinderhirten. Peneios bittet den Fremden zum Fest und trägt Daphne auf, für den Gast zu sorgen. Daphne ist von dem geheimnisvollen Fremden fasziniert: Wie viel doch weißt du von meiner Seele. Sie lässt sich zu einem Kuss verführen, flieht dann aber aus den Armen des sie bedrängenden Gottes zum Fest: Du schlichst dich in meinen Traum!

Auf dem Fest reicht Leukippos der arglosen Daphne einen Becher Wein und fordert sie zum Tanz auf. Eifersüchtig lässt Apollo ein Unwetter aufziehen.

Die Schäfer eilen ängstlich zu den Herden. Daphne, Leukippos und Apollo bleiben zurück. Leukippos gibt sich zu erkennen, bittet im Namen des Gottes Dionysos um Daphnes Liebe. Den eifersüchtigen Gott fordert er zum Zweikampf um Daphne. Apollo tötet Leukippos. Als der Gott Daphnes kindliche Trauer um den getöteten Freund sieht, erkennt er seine eigene Schuld. Er bittet die Götter um Aufnahme des Leukippos in den Olymp. Daphne selbst wird in einen immergrünen Baum verwandelt: Lass sie blühen im Kreis ihrer Freunde. Ihre Reinheit kann für immer eins mit der Natur werden. Daphnes Gesang geht in das Wispern der Blätter über: Ich komme, grünende Brüder.

 


Klangprächtige Idylle
in nostalgischem Szenario

 

Dieses Spätwerk von Richard Strauss klingt heutigen Rezipienten wie eine Flucht vor den brutalen Wirkkräften seiner Zeit und den Vorahnungen der Menschheitskatastrophe des 2. Welt­kriegs — wie ein Rückgriff in die Beschaulichkeit frühzeitlicher Idylle und noch unbeschädigter Individualität. Es verzichtet formal auf eine Gliederung in Akte und Szenen. Es ist als antike Episode konzipiert, in seinen dramaturgischen Anlagen weitgehend statisch und doch von spannungsvoller Konsistenz.

 

Die entscheidenden Handlungsmomente sind von einzelpersönlichen Gefühlsspannungen geprägt, die wiederum von inneren mentalen Haltungen und Impulsen ausgelöst sind. Das ganze Werk ist Ausdruck eines spätromantischen, nahezu kulinarischen Lyrismus, getragen von teils elegischer, teils schwärmerischer Nostalgie. Sujet und Gehalt scheinen wie eine maßgerechte Vorlage für die Kompositions- und Instrumentationskunst des gereiften Meisters, der seit den 1920er Jahren zu Recht als wichtigster, jedenfalls professionellster Opernkomponist seiner Epoche galt.

 

Der lyrische Grundcharakter der Partitur offenbart sich schon im pastoralen Vorspiel, dann im ersten anmutig-reizvollen Monolog der Daphne bis hin zum wundervollen, die Metamorphose der Zentralgestalt grandios umsetzenden symphonischen Finale. Der Komponist reizt die gesamte Palette seiner melosbetonten Erfindungskraft, vor allem auch seiner ans Mirakulöse grenzenden technischen Meisterschaft aus. Leidenschaftliche und dramatische Akzente sind ganz natürlich integriert, schaffen wirksame Kontraste — so in der Gewitterszene und der großen Kontroverse Daphnes mit Leukippos und Apollo. Meisterlich die Entfaltung furioser wie graziöser Tanzrhythmen beim Dionysosfest, eine kleine Tondichtung im Werk.

 

Die Rollenträger sind mit anspruchsvollen Forderungen, doch auch attraktiven Gesangsaufgaben konfrontiert. Vor allem die Sopranpartie der Titelfigur und die Tenöre haben reizvolle Gelegenheit zur Entfaltung betörender, zum Teil glorioser sängerischer Wirkungen. Doch über allem beeindruckt der Triumph einer seither kaum wieder erreichten Instrumentationskunst. Richard Strauss bestätigt auf dialektische Weise die über ihn kursierenden Urteile: Kein Pionier und Innovator, vielmehr Kulinariker, wenn nicht gar Eklektiker — jedoch ein alleinständiger Großmeister der musikdramatischen Melodik, Farbsetzung und Orchestrierung.

 

 

Ein Exklusiv-Opus für Kenner

 

Die Handlung der Oper folgt dem wohl ältesten und meistvertonten Thema der Kulturgeschichte. Bereits die Libretti der ersten überhaupt nachweisbaren Oper (Komponist Jacopo Peri) und der ersten deutschen Oper (von Heinrich Schütz) gründen auf der Sage von der Nymphe Daphne, die zum Schutz vor Nachstellungen des Gottes Apollon in einen Lorbeerbaum verwandelt wird. Dieser Sagenstoff aus der griechischen Mythologie wurde unter anderen von den Dichtern Ovid und Plutarch überliefert. Er liegt in literarischen Verarbeitungen bis ins 20. Jahrhundert vor — so auch durch Joseph Gregor, als Libretto für das Bühnenwerk von Richard Strauss.

 

Bei der gemeinsamen Arbeit (1934) an der Oper Die schweigsame Frau (1934) ersuchte Strauss seinen Librettisten Stefan Zweig um ein neues Opernbuch. Die NS-Rassengesetze aber machten eine weitere Zusammenarbeit mit dem inzwischen emigrierten Dichter unmöglich. Zweig schlug Strauss den Wiener Theaterhistoriker Joseph Gregor als Librettisten vor. Strauss entschied sich 1935 für dessen Entwürfe Friedenstag (nach einer Idee Zweigs) und Daphne. Die Zusammenarbeit war nicht wirklich harmonisch. Gregor verfasste drei vollständige Daphne-Texte, Strauss entschied sich für die dritte, von ihm selbst nochmals korrigierte Version. Auch der Dirigent Clemens Krauss nahm Einfluss auf die Endfassung. Die Sage wurde behutsam verändert: Daphne ist nicht mehr Nymphe, sondern Tochter von Fischergottheiten, der Gott Apoll wird moralisch aufgewertet. Die Komposition wurde dem Dresdner Operndirektor Karl Böhm gewidmet, der die Uraufführung der Schweigsamen Frau dirigiert hatte. Er leitete am 15. Oktober 1938 auch die erste Aufführung der Daphne.

 

Die Dresdner Uraufführung fand international große Anerkennung, erreichte aber nicht die dauerhafte Verankerung im Repertoire wie frühere Strauss-Werke. Bis zur Unterbrechung des Theaterbetriebs im Weltkrieg folgten Aufführungen in Berlin, München, Wien und Mailand. Daphne wurde auch später nicht zum Repertoirestück, trotz bemerkenswerter Aufführungen — ein Opus für Kenner. Doch wenn es gespielt wurde, dann zumeist in prominenten Besetzungen. In der Uraufführung sangen Margarete Teschemacher, Torsten Ralf, Martin Kremer, Sven Nilsson, Helene Jung, Arno Schellenberg. Berühmte spätere Interpretinnen der Titelpartie waren Maria Cebotari, Maria Reining, Rose Bampton, Annelies Kupper, Trude Eipperle, Hilde Güden, Mimi Coertse, Lucia Popp, Renée Fleming, Ricarda Merbeth — und nicht zuletzt Ingrid Bjoner.

 

Unser Mitschnitt aus der Deutschen Oper am Rhein ist ein Zeugnis der Opernkultur im Nachkriegs-Deutschland und der Leistungsfähigkeit eines führenden deutschen Opernhauses in einer großen Ära, die noch Ensemblegeist und Produktionsseriosität als Repertoirealltag kannte. Internationale Sängerstars wie Bjoner, Ernster und Traxel, ständige Mitglieder des Hausensembles, vereinen sich mit ersten Kräften des Instituts auf einem Qualitätsstandard, der bis in die letzte Schäfer- und Mägde-Nebenrolle erste Reihe repräsentiert. Heute, in einer Zeit ohne Studioaufnahmen und Rundfunkproduktionen, wäre solcher Standard schallplattenwürdig.

 


Aus der großen Zeit der Rheinoper

 

Arnold Quennet (∗ 1905 ‑ † 1998) war einer der vielseitigsten und profiliertesten Dirigenten der Musik- und Opernszene. Seine Laufbahn begann ungewöhnlich: Er hatte ganz andere Interessen, vor allem in der Motorwelt. Als 16–jähriger erlernte er den Beruf eines Automobiltechnikers. Dem schloss er eine Profi-Laufbahn als Rennfahrer an. Mit 20 ging er auf Rennkurse nach Südamerika. Dort wurde er auch als Barpianist tätig. Mit 24 gründete er in Wuppertal einen Motorad-Einzelhandel, war aber regelmäßig auch als Amateur- und Gelegenheitsmusiker aktiv. Die Liebe zur Musik gewann den Vorrang, und er begann eine Ausbildung zum Orchesterleiter bei Hermann Abendroth, GMD in Bonn, Professor und Gewandhauskapellmeister in Leipzig. Gut gerüstet, konnte Quennets Musikerlaufbahn beginnen — 1934 als Korrepetitor am Kölner Opernhaus unter dem dortigen GMD Fritz Zaun, ab 1935 am Opernhaus Duisburg. 1936 dirigierte er seine erste Opernvorstellung, Verdis La Traviata, an diesem angesehenen, damals vom Intendanten Georg Hartmann geleiteten Haus: 1939 wechselte der junge Dirigent als 2. Kapellmeister, dann als sog. koordinierender Drigent (wohl eine kriegsbedingt interimistische Leitungsfunktion) ans Opernhaus Hannover. Nach vier Jahren Kriegsgefangenschaft kehrte er als 1. Kapellmeister nach Hannover zurück. 1951 avancierte er zum 1. Kapellmeister in Düsseldorf. Diese Position behielt er auch nach dem Zusammenschluss der Häuser von Düsseldorf und Duisburg zur Deutschen Oper am Rhein. 36 Jahre lang, bis 1987, amtierte er als erster ständiger Dirigent und guter Geist dieser bedeutenden Operninstitution. Er dirigierte das gesamte Repertoire, von Barock und Klassik bis zur Moderne — immer präsent, versiert, improvisationsstark, universell befähigt. Wichtige Kollegen waren der zeitweilige GMD Alberto Erede und Chefkapellmeister Eugen Szenkar. Quennets Tätigkeit begleitete mehrere Intendanten, unter ihnen Hermann Juch und Grischa Barfuss, und eine stolze Reihe international arrivierter Sänger. Als bewusster Diener eines großen Instituts ist Quennet Zeit seines Wirkens eine führende Erscheinung des deutschen Musiklebens geblieben — doch mangels internationaler Starkarriere und marktgerechter Tonaufnahmen nach seinem Tod nicht mehr angemessen gewürdigt worden. Das ändert nichts an seiner Bedeutung als Träger und Zeuge einer großen Ära.

 

Ingrid Bjoner (∗ 1927 ‑ † 2006) zählte zu den bedeutenden dramatischen Sopranistinnen der 1960er bis 80er Jahre — bewährt in Werken Händel und Mozart bis Meyerbeer, Verdi, Verismo, vor allem im deutschen Repertoire mit Wagner und Strauss. Parallel zu einem Pharmazie-Studium an der Universität Oslo begann sie eine Gesangsausbildung bei Gudrun Boellemose an der Musikakademie. 1952 schon konnte sie öffentlich auftreten. Sie wechselte an die Musikhochschulen Frankfurt/M. und Düsseldorf zu Franziska Martienssen und Paul Lohmann. Bjoners Rundfunkdebüt 1955 in Oslo war auch ihr Durchbruch: Neben Flagstad, Svanholm, Gustavson, Nordjo sang sie Gutrune und 3. Norn in Wagners Götterdämmerung. Die Aufnahme wurde weltweit vermarktet. Daraufhin erhielt sie ein Engagement an die Königliche Oper Oslo, wo sie als Donna Anna in Don Giovanni ihr Bühnendebüt hatte. 1957 konnte sie spektakulär erfolgreich für Kirsten Flagstad in Händels Rodelinda beim Drottningholm-Festival einspringen. Das brachte sie an deutsche Häuser: 1957 bis 1959 nach Wuppertal, ab 1959 an die Deutsche Oper am Rhein. 1960 kam sie als Freia, Helmwige und Gutrune nach Bayreuth, durch Rudolf Kempe an die Bayerische Staatsoper. Seither hatte sie Verträge mit Stockholm und Oslo, als Gastspielstar an den Staatsopern Wien und Hamburg, in London, Paris, San Francisco.

In München sang sie in der Eröffnungsvorstellung des Nationaltheaters 1963 die Kaiserin in Frau ohne Schatten, etablierte sich damit als Nachfolgerin von Marianne Schech und künftige Dauerkonkurrentin von Leonie Rysanek. 1965 vollzog sie mit der Isolde zur Münchner Hundertjahrfeier von Wagners Tristan und Isolde den Eintritt ins hochdramatische Fach. Ein Vierteljahrhundert lang blieb Bjoner Ensemblemitglied der Münchner Oper — mit Wagner und Strauss im Zentrum, aber auch in italienischen, französischen, slawischen Werken bis zur klassischen Moderne. Schon 1961 trat sie erstmals an der Metropolitan Opera NYC auf, 1965 an der Mailänder Scala, ab 1967 am Covent Garden London. Sie gab Gastspiele in Rom, Brüssel, Madrid, Kopenhagen, Zürich, Warschau, Köln, Stuttgart, Pittsburgh, Miami, Vancouver, war ständiger Gast an der Staatsoper Wien. 1986 erschien sie als Isolde nochmals in Bayreuth. Bjoner führte in den 1980ern in Oslo auch Opernregie. 1964 war sie vom norwegischen König mit dem St. Olav-Orden ausgezeichnet worden. Nach der Ernennung zur Bayerischen Kammersängerin erhielt sie auch den Bayerischen Verdienstorden. Von 1992 bis 1998 wirkte sie als Professorin für Gesang und Bühnendarstellung an den Akademien von Oslo und Kopenhagen. Ihr Ansehen beim Publikum der großen internationalen Opernhäuser ist ungebrochen.

 

Josef Traxel (∗ 1916 ‑ † 1975) war neben Anders, Schock und Wunderlich der Tenor-Protagonist der deutschen Opern- und Konzertszene der 1950/60er. Nach Auftritten in US-Kriegsgefangenschaft war er, weitgehend autodidaktisch ausgebildet, Mitglied des Nürnberger Opernhauses. Gleichsam über Nacht wurde er international bekannt als Merkur in der Uraufführung von R. Strauss’ Liebe der Danae 1952 in Salzburg. Daraufhin holte ihn die Staatsoper Stuttgart, wo er sich sofort als führendes Mitglied etablieren konnte. Dann avancierte er zu einem der Protagonisten der Bayreuther Festspiele: als Steuermann, Erik, Walter, Seemann, Stolzing, Froh, Gralsritter. Bis zum Bühnenabschied war er neben Windgassen der Startenor der Württembergischen Staatsoper. An europäischen Spitzenbühnen sang er ein unglaublich breites Repertoire, gefeiert vor allem mit Mozart-Partien, Lirici und Spinti des italienischen und französischen Fachs. Er war auch ein überragender Interpret des Barock (Oratorien, Passionen, Kantaten), deutscher Klassik und Romantik. Viele Schallplatten machten ihn als eine Art Alles-Interpret, als Oratoriensolist und Liedsänger, sogar als dramatischen und Charaktertenor, berühmt und populär. Er ist in seiner Ära einer der wenigen Zeugen der klassischen Schule des Legato- und Fiorito-Singens.

 

Kurt Wehofschitz (∗ 1923), geboren und aufgewachsen in Wien, wurde er an der Musikakademie Wien ausgebildet. Er debütierte 1948 in Linz als Wilhelm Meister in Mignon. Wechselte nach fünf Linzer Spielzeiten nach Kiel, dann nach Nürnberg, war ab 1956 zugleich an der Staatsoper München, ab 1959 auch an der Deutschen Oper am Rhein verpflichtet. In Gastverträgen war er weiter mit dem Opernhaus Frankfurt/M. und der Wiener Volksoper verbunden. Er gastierte vielfältig auch an der Wiener Staatsoper, in Rio de Janeiro, Lissabon, Zürich, Hamburg. In Wien trat er bis Ende der 1970er Jahre auf. Er sang in Uraufführungen von Hindemith, Wimberger, Searle und deutschen Erstaufführungen von Haydn und Leoncavallo. Sein Rollenbestand umfasste das ganze lyrische Tenorrepertoire im italienischen, französischen, deutschen und slawischen Fach. Er war ein beliebter Operettentenor und ein vielfältig eingesetzter Rundfunksänger.

Deszö Ernster (∗ 1898 ‑ † 1981) gehört zu den großen Bassisten im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts. Er war der Sohn eines Synagogenkantors in Pécs/Ungarn. Sein Gesangstudium absolvierte er an den Musikhochschulen von Budapest und Wien. Er debütierte 1923 in Elberfeld-Barmen als Landgraf im Tannhäuser, wechselte 1925 ans Opernhaus Duisburg, wurde 1928 — als Comprimario — an die Staatsoper Berlin engagiert. An der Berliner Kroll-Oper bekam er wieder Hauptpartien, so in der Uraufführung von Hindemiths Neues vom Tage. An der Staatsoper gehörte zum UA-Ensemble von Milhauds Christophe Colomb. 1931 bis 1933 ging er als 1. Seriöser Bass ans Opernhaus Düsseldorf, gastierte an der Wiener Staatsoper, am LaMonnaie Brüssel und auf einer Ägypten-Stagione, sang 1931 in Bayreuth den Titurel. Als Jude emigrierte er 1934 aus Nazi-Deutschland. Als 1. Bassist des Opernhauses Graz (bis 1936) und der Salzburg Opera Guild kam er zu internationalen Gastspielen, so 1938 an der Chicago Opera. 1940 trat er erstmals in Budapest auf, wurde aber im Weltkrieg interniert und ins KZ Bergen-Belsen verschleppt. Nach seiner Befreiung 1945 wanderte er in die USA aus, wo er als Mitglied der Metropolitan Opera New York nun eine Weltkarriere starten konnte. 15 Jahre lang gehörte er zu den ersten Sängern des berühmten Opernhauses, zumeist im deutschen Fach, vorrangig als Wagner-Sänger. Seit 1949 gastierte er weltweit, so am Covent Garden London, am Colón Buenos Aires, an der Grand-Opéra Paris, der Staatsoper Wien, in Rio, Turin, Rom, Zürich, Genf, beim Glyndebourne Festival und den Salzburger Festspielen. Während seiner letzten Karrierejahre gehörte er noch zu den Ensembles der Deutschen Oper am Rhein und des Zürcher Opernhauses. Seinen Bühnenabschied nahm er umjubelt als Gurnemanz in einem konzertanten Parsifal in Budapest. Ernster gehörte zu den großen Sängererscheinungen seiner Epoche, vor allem in New York hochgeachtet, wo er neben dem älteren Emanuel Liszt als der Wagner-Bassist schlechthin galt. Er hinterließ Live-Mitschnitte von Auftritten in der Met und bei Festivals, aber nur wenige Studio-Soloaufnahmen, zuletzt bei der ungarischen Staatsfirma Hungaroton.

 

Henny Ekström (∗ 1921 ‑ † 1998) war Schwedin, geboren in Oslo. Sie wurde an der Königlichen Musikakademie in Stockholm zunächst zur Pianistin ausgebildet, begann dort später auch ihr Gesangsstudium. In Meisterklassen an der Southern California University konnte sie sich bei Lotte Lehmann und Carl Ebert vervollkommnen. 1952 debütierte sie als Olga in Eugen Onegin am Los Angeles Opera House. Nach weiteren Auftritten in den USA ging sie nach Europa zurück, gastierte als Opern- und Konzertsolistin, häufig vor allem an der Königlichen Oper Stockholm. 1957 bis 1959 war sie fest am Opernhaus Wuppertal engagiert. Anschließend wechselte sie an die Deutsche Oper am Rhein, deren Ensemble sie 15 Jahre lang als 1. Altistin angehörte. Wichtige Partien Ihres Repertoires waren Cornelia, Erda, Waltraute, Ulrica, Eboli, Amneris, Quickly. Dalila, Herodias, Klytämnestra, Geneviève, Gaea, die Haushälterin der Schweigsamen Frau und die Mutter in Zimmermanns Die Soldaten.

 

Die Comprimarii: Die wichtigen Nebenrollen der Düsseldorfer Daphne-Aufführung sind mit Sängerinnen und Sängern besetzt, die zur ersten Garnitur der deutschen Opernensembles gehörten, als solche in ganz Europa gastierten, bei Festivals auftraten, Radioaufnahmen machten. Einzelne von ihnen machten bald darauf europäische Karrieren und waren als Protagonisten berühmt. So Hugh Beresford, erst Italo-Bariton von Rang, dann als Tenore eroico erfolgreich, so etwa als Tannhäuser in Bayreuth. Hans Rietjens, als lyrischer Tenor langjährig an der DORh und ersten deutschen Opernhäusern bewährt und beliebt. Camillo Meghor, ab den 1960ern als führender Bariton im italienischen und französischen Fach am Opernhaus Köln und international erfolgreich. Ingrid Paller, die universelle Lyrische und Coloratrice in vielfältigem Repertoire, nicht nur an deutschen Bühnen, sondern auch im europäischen Ausland. Schließlich Elisabeth Schwarzenberg mit der vielleicht spektakulärsten Karriere als Mitglied der Münchner und Wiener Staatsoper und Solistin der Bayreuther und Salzburger Festspiele.

KUS

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© Klaus Ulrich Spiegel